Von der Diagnose zur Genesung: Dein Weg aus der hypothalamischen Amenorrhoe
In diesem Artikel möchte ich dir daher praktische und leicht verständliche Tipps rund um das Thema hypothalamische Amenorrhoe geben, die dich auf deinem Weg zur Genesung unterstützen – auf Basis meiner eigenen Geschichte.
Zusätzlich findest du hier hilfreiche Tipps der Gynäkologin und Autorin Dr. med. Ruth Draths aus dem Experten-Interview mit der bio-apo. Die Frauenärztin hat sich auf die Beratung und Therapie von Mädchen und Frauen mit Amenorrhö spezialisiert.
Von der Diagnose zur Genesung: Dein Weg aus der hypothalamischen Amenorrhoe
In der heutigen Gesellschaft wird Schönheit oft mit Schlankheit gleichgesetzt. Frauen, die jeden Modetrend meistern und von außen als Inbegriff von Schönheit wahrgenommen werden, stehen häufig unter enormem Druck, diesem Ideal zu entsprechen.
Paradoxerweise kann dieser Drang nach einem dünnen Körper zu gesundheitlichen Problemen führen, die von außen nicht sichtbar sind.
Ein solches Problem ist die hypothalamische Amenorrhoe (HA), eine Störung, die viele vermeintlich „perfekte“ Körper betrifft. Die Ironie dabei ist, dass der Zustand, den viele als ästhetisch ideal ansehen, tatsächlich Anzeichen einer tiefer liegenden Gesundheitsproblematik sein können.
Als ich vor über 5 Jahren mit der künstlichen Verhütung aufhörte, merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Abwarten, bis sich der Körper wieder von selbst einpendelt? Von wegen: Ich bekam auch nach Jahren keine Monatsblutung. Ich hatte HA, eine hypothalamische Amenorrhö. Keine Krankheit, aber ein Warnsignal des Körpers. Das reproduzierende System in meinem Gehirn wurde lahmgelegt.
Hypothalamische Amenorrhoe (HA) ist etwas, das viele Frauen betrifft, doch wird sie oft missverstanden. Viele künstliche Verhütungsmitteln verschleiern das Problem und Frauen bemerken erst spät – meist, wenn der Kinderwunsch einsetzt – dass sie Probleme mit ihrem Zyklus haben.
Gibt’s nicht? Doch. Erst als ich mich intensiv mit dem Thema beschäftigte, gelang mir die Heilung. Daher ist es meine Pflicht, über diese Erscheinung zu sprechen.
Der Schein kann trügen
Von außen betrachtet, mögen Frauen, die unter HA leiden, das Idealbild von Schönheit und Gesundheit verkörpern. Doch dieser äußere Schein verbirgt oft eine innere Realität, die von hormonellen Ungleichgewichten und gestörten Körperfunktionen geprägt ist. Die Fixierung auf einen dünnen Körper als Schönheitsstandard ignoriert die komplexen Bedürfnisse des weiblichen Körpers und die Tatsache, dass Gesundheit und Wohlbefinden weit über das physische Erscheinungsbild hinausgehen.
Ich folgte jahrelang den Grundprinzipien einer "gesunden Ernährung" und wurde krank. Hätte ich einfach auf meinen Körper gehört...
Die Verbindung zwischen Schlankheit und Schönheit in der öffentlichen Wahrnehmung führt zu einem gefährlichen Missverständnis: dass ein dünner Körper automatisch ein gesunder Körper sei.
Diese Annahme ignoriert die Vielfalt der Körperformen und -größen, die natürlich und gesund sind. HA unterstreicht die Notwendigkeit, unsere Definition von Schönheit und Gesundheit zu überdenken. Gesundheit manifestiert sich nicht allein durch das Aussehen, sondern durch eine Vielzahl von Faktoren, einschließlich hormoneller Balance und psychischem Wohlbefinden.
Erkennungszeichen der hypothalamischen Amenorrhö
Die hypothalamische Amenorrhoe ist nicht immer offensichtlich, besonders bei denen, die gesellschaftlich als „gesund“ oder „attraktiv“ gelten. Einige Anzeichen und Symptome können jedoch darauf hinweisen, darunter:
Ausbleibende Menstruation: Das offensichtlichste Anzeichen für HA ist das Ausbleiben der Menstruation für mehrere Monate ohne Vorliegen einer Schwangerschaft.
Veränderte Essgewohnheiten: Starke Kalorienrestriktion, extreme Diäten oder Essstörungen können HA begünstigen.
Übermäßiges Training: Ein intensives Trainingsregime ohne ausreichende Erholungsphasen und Nahrungsaufnahme kann zu HA führen.
Stress: Sowohl physischer als auch emotionaler Stress spielen eine Rolle bei der Entwicklung von HA.
Stressfrakturen oder verminderte Knochendichte: Ein Mangel an essenziellen Nährstoffen kann die Knochengesundheit beeinträchtigen.
Veränderungen im Haar- und Hautzustand: Haarausfall oder eine trockene Haut können Anzeichen für eine Unterernährung sein.
Stimmungsschwankungen: Hormonelle Imbalancen können zu emotionaler Labilität und einer verringerten Libido führen.
Die Rolle der Schilddrüse bei hypothalamischer Amenorrhö
Die Schilddrüse ist als zentrales Stoffwechselorgan in zahlreiche Prozesse Deines Körpers involviert. Auch Dein Zyklus und Deine Fruchtbarkeit unterliegen der Schilddrüsenfunktion: Bei einer Funktionsstörung – insbesondere bei einer Hyperthyreose und Hypothyreose (z.B. im Rahmen von Hashimoto Thyreoiditis) – kann dies Deinen Hormonhaushalt durcheinanderbringen.
Leider bleiben Schilddrüsenprobleme oft unentdeckt, da die Symptome fehlinterpretiert werden. Daher kann auch der Zusammenhang mit Amenorrhö übersehen werden. Um eine professionelle Diagnose zu bekommen und mögliche Funktionsstörungen Deiner Schilddrüse auszuschließen, solltest Du einen Bluttest beim Arzt machen lassen.
Dr. med. Ruth Draths erklärt: Amenorrhoe kann auch das Symptom einer anderen Erkrankung sein, z.B. einer chronischen Darmentzündung, einer Resorptionsstörung, einer Schilddrüsenkrankheit oder auch eines schweren Eisenmangels.“
Erkennen und Abgrenzen
Es ist wichtig, einen Arzt oder eine Ärztin, speziell einen Gynäkologen oder eine Gynäkologin, zu konsultieren, wenn man vermutet, an hypothalamischer Amenorrhoe (HA) zu leiden. Eine gründliche Untersuchung, einschließlich der Messung von Blutwerten, ist entscheidend, um die Diagnose zu bestätigen und andere mögliche Ursachen für das Ausbleiben der Menstruation auszuschließen. Bei HA können die Serumspiegel von Follikel-stimulierendem Hormon (FSH) und Luteinisierendem Hormon (LH) niedriger sein, was auf eine unzureichende Signalgebung des Hypothalamus hinweist.
Darüber hinaus ist der Hinweis, dass HA oft mit dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) verwechselt werden kann, sehr wichtig. Obwohl beide Zustände zu Amenorrhoe führen können, sind die zugrunde liegenden Ursachen und die Behandlungsstrategien unterschiedlich. PCOS ist häufig mit erhöhten Androgenspiegeln, Insulinresistenz und dem Vorhandensein von vielen kleinen Zysten an den Eierstöcken verbunden, während HA primär durch einen Energiemangel oder Stress ausgelöst wird, der zu einer Unterdrückung der hypothalamischen Funktion führt.
Eine genaue Diagnose ist entscheidend, da die Behandlung von HA und PCOS unterschiedliche Ansätze erfordert. Bei HA liegt der Fokus oft auf der Wiederherstellung eines gesunden Körpergewichts, der Erhöhung der Kalorienzufuhr, der Reduzierung von Stress und gegebenenfalls der Anpassung des Trainingsplans. Bei PCOS können diätetische Anpassungen, die Verwaltung des Insulinmetabolismus und manchmal Medikamente wie Metformin oder hormonelle Behandlungen Teil der Therapie sein.
Psyche und Hormone: Ein unterschätztes Zusammenspiel
Auch Deine Psyche, die die sogenannte Hypothalamus-Hypophysen-Achse beeinflusst, kann sich direkt auf Deinen Zyklus auswirken. Wenn Du ständige Belastungen und Ängste auf Deinen Schultern trägst oder unter einem Burnout bzw. einer mentalen Erschöpfung leidest, kann Dein Körper in Folge die Hormonproduktion drosseln.
Daher ist ein umfassendes Stressmanagement – zum Beispiel ein Mix aus Atemtechniken, Meditation, Achtsamkeitspausen und Journaling – sinnvoll, um Körper und Psyche dabei zu unterstützen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Manchmal ist auch eine begleitende Psychotherapie sinnvoll – insbesondere bei Essstörungen wie Anorexie oder bei sonstigen psychischen Belastungen wie einem Trauma.
Dr. med. Ruth Draths empfiehlt: „Liegt eine Essstörung als Ursache der Amenorrhoe vor, sollte unbedingt eine psychologische Beratung eingeleitet werden; bei Untergewicht geht es um die Gewichtszunahme.“
Heilungsansätze bei hypothalamischer Amenorrhoe
Die Überwindung von HA erfordert eine umfassende Herangehensweise, die sowohl die Ernährung als auch den Lebensstil umfasst. Hier sind einige praktische Tipps für den Heilungsprozess:
1. Ernährung anpassen
Der Körper benötigt ausreichend Kalorien und eine ausgewogene Zufuhr von Makro- und Mikronährstoffen, um seine Funktionen aufrechtzuerhalten und zu regenerieren. Das bedeutet oft, die Kalorienzufuhr zu erhöhen und sicherzustellen, dass die Ernährung vielfältig und nährstoffreich ist.
"Anfangs dachte ich, das viele Essen macht mich fett und krank. Es machte mich aber vor allem eins: wieder gesund."
2. Bewegung moderieren
Während Bewegung ein wichtiger Bestandteil eines gesunden Lebensstils ist, kann übermäßiges Training die HA-Symptomatik verstärken. Eine Reduzierung der Trainingsintensität und -häufigkeit kann notwendig sein, um dem Körper die Chance zur Erholung zu geben.
3. Stressmanagement
Chronischer Stress, sowohl physisch als auch emotional, kann zur Entwicklung von HA beitragen. Techniken zur Stressreduktion wie Meditation, Yoga oder tiefe Atemübungen können hilfreich sein.
4. Professionelle Unterstützung suchen
Ein multidisziplinärer Ansatz, der medizinische Beratung, Ernährungsberatung und psychologische Unterstützung umfasst, kann entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung sein. Fachleute können individuell angepasste Empfehlungen geben und den Heilungsprozess begleiten.
5. Positive Körperwahrnehmung fördern
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Körperwahrnehmung und dem Abbau von gesellschaftlich geprägten Schönheitsidealen kann ein wichtiger Schritt sein. Sich selbst Liebe und Akzeptanz entgegenzubringen, ist essentiell auf dem Weg der Genesung.
Behandlungsmöglichkeiten jenseits der Ernährung
Neben einem gesunden Lebensstil gibt es weitere Therapieansätze wie Akupunktur und Osteopathie, die sich bei einer HA bewährt haben. Diese Maßnahmen können sich positiv auf hormonelle Dysbalancen und Deinen Zyklus auswirken. Davor solltest Du jedoch einen Arzt konsultieren, um ernsthafte Ursachen auszuschließen.
Dr. med. Ruth Draths erklärt: „Eine Amenorrhö sollte immer ernst genommen und gründlich abgeklärt werden, da eine frühzeitige Diagnose die Chancen auf eine erfolgreiche Genesung erhöht.“
Stress als Auslöser der HA: Um Stress und damit auch Zyklusstörungen vorzubeugen, können Dir alternative Entspannungstechniken helfen. Autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Meditation stabilisieren Dein Nervensystem und können sich indirekt auch auf Deinen Hormonspiegel auswirken.
Langfristige Prävention: Den Körper im Gleichgewicht halten
Um eine Amenorrhö im Vorfeld zu vermeiden oder die Symptome bei erfolgter Diagnose zu lindern, sind zunächst regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen essentiell. Dadurch können Hormonstörungen frühzeitig erkannt und entsprechende Schritte eingeleitet werden.
Dr. Draths fügt hinzu: „Der gynäkologische Ultraschall, bei Jugendlichen der Transabdominale Ultraschall, ist sehr wichtig in der Diagnostik der Amenorrhoe. Die Sonographie ermöglicht die Beurteilung der hormonellen Aktivität der Ovarien, die Follikelreifung, die Anatomie des Uterus und vor allem des Endometriumaufbaus.“
Du selbst kannst Deinen Körper und Deine Psyche insbesondere mit einem gesunden Lifestyle unterstützen. Dazu gehören regelmäßige Bewegung, eine nährstoffreiche, bedarfsgerechte Ernährung, ausreichend Schlaf und ein gezielter Stressabbau, da sich diese Faktoren positiv auf Deine Hormonproduktion auswirken.
Die Ernährungsumstellung: Von Clean Eating zu bewusstem Genießen
Meine Reise begann mit der Erkenntnis, dass ich meinen Hypothalamus, den Teil des Gehirns, der für die Regulierung der Hormone verantwortlich ist, "aushungerte".
Um meine Monatsblutung wiederzuerlangen, musste ich meinen täglichen Kalorienbedarf auf mindestens 2500 kcal erhöhen. Als jemand, der sich zuvor strikt an Clean Eating hielt, war dies eine enorme Herausforderung. Die Idee, fünf Avocados am Tag zu essen, schien zunächst gesund, doch fehlte es an Vielfalt und letztendlich auch an Genuss.
Die Wende kam mit einem entspannteren Umgang mit Essen. Ich lernte, die restriktiven Ketten, die ich mir selbst angelegt hatte, zu lösen und Essen wieder zu genießen - ohne Schuldgefühle. Es klingt widersprüchlich, aber das Einbeziehen von sogenannten Cheat Meals in meine Ernährung spielte eine entscheidende Rolle auf meinem Weg zur Besserung.
Nun weiß ich: auch "cheat meals" haben Nährstoffe. Nährstoffe, die ich meinem Körper viel zu lange Vorenthalten habe & die er braucht, um wieder gesund zu werden.
Mein Fazit: Trotz der Bedeutung von Cheat Meals, bleibt eine nährstoffreiche Ernährung der Schlüssel für einen gesunden Körper. Die Reise aus der hypothalamischen Amenorrhoe heraus ist eine persönliche und kann von Frau zu Frau unterschiedlich sein. Doch eines bleibt konstant: die Notwendigkeit, unsere Beziehung zum Essen zu überdenken und einen Mittelweg zu finden, der sowohl Genuss als auch Nährstoffreichtum umfasst. Letztendlich ist es dieser ausgewogene Ansatz, der zu einem gesunden, kraftvollen und glücklichen Körper führt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass meine Informationen keinen Ersatz für eine ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung darstellen.
Bleib gesund!
Deine Michaela
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